Auch bei uns zu Hause herrscht gerade große Elsa-Anna-Olaf-Liebe. Umso glücklicher war ich, als das Krümel beschloss, zu Fasching nicht als 15. Eisprinzessin gehen zu wollen sondern als Schaffnerin („Naffner“ oder auch mal „Sassner“). Sie fährt zu Hause eh ständig Zug. Und da ich zumindest einen Teil des Faschingskostüms gern selbst mache, musste also ein Schnitt her, den man mit etwas Wohlwollen als Schaffneruniform durchgehen lassen kann und im Idealfall später noch weiter tragen kann. Schnell stieß ich auf einen Schnitt für eine Collage-Jacke von Burda. Katrin hatte mich zwar bereits schon einmal vor Burda-Schnitten gewarnt, aber ich wollte ja nicht hören.
Nach dem Kauf hielt ich also eine Anleitung für eine gesamte Jacke auf genau einer A4-Seite in der Hand. Auch nach 10 mal Lesen hatte ich noch keinen blassen Schimmer, was ich da machen soll. Ok, Anleitungen für Profis kann man machen. Aber ich finde ja, Schnittmuster sollten doch zumindest vollständig sein und alle Linien enthalten, an denen ich lang schneiden soll. Wenn man Teil A von Teil B nochmal abziehen muss (Beleg vom Futter) dann kann man da doch eine Linie hinzufügen, oder? Gut, vielleicht bin ich da einfach die wirklich sehr guten Freebooks und Kaufschnitte verschiedener Bloggerinnen gewöhnt, die ich bisher so genäht habe. Einen panischen Anruf bei Katrin später hatte ich zumindest eine Übersetzung Burda-Deutsch. Angst vorm Projekt allerdings immer noch. In der Stoffabteilung meines Vertrauens fanden das Krümel und ich zumindest schnell alles was wir haben wollten. Einen schönen weichen Walk in sehr dunklem Blau und fürs Futter einen tollen Baumwollstoff mit Blumen und Marienkäfern. Der hat zwar mit Zügen nix zu tun, man sieht ihn ja aber eh nicht. Dazu noch einige Meter Schrägband für die Einfassung und rote Eisenbahn-Knöpfe. Die sind zwar nicht Uniform-Original, aber es ist schließlich eine Kinderjacke. Und sie gefielen der Maus so gut.
Dann ging ich online nochmal shoppen und hatte Glück: Bei Ebay verkaufte gerade jemand eine große Sammlung an Original-DB-Aufnähern. Von der Schwiegermutter hatte ich noch Namens-Aufnäher fürs Krümel, die sie mal hat anfertigen lassen um sie zu verwenden, es dann aber doch nicht tat. Außerdem erstand ich eine Mütze der Harzer Schmalspurbahnen – etwas zu groß, aber das Rot passt gut zum Futterstoff und Schrägband. Somit waren die „Offiziellen“ Uniform-Elemente auch gesichert. Dann musste ich wohl nun doch ran. Zum Glück hatte ich zeitig genug angefangen (lag wohl auch daran, dass ich irgendwie mit Fasching Anfang Februar kalkuliert hatte), so dass ich mir viiiel Zeit lassen konnte, die Anleitung zusammen mit Katrins Erklärung und Online-Tutorials zu verstehen. Und natürlich um sehr oft wieder aufzutrennen.
Los ging es mit 40 einzelnen Schnittteilen. Hallo, das ist eine Jacke für eine Dreijährige, kein 1000-Teile-Puzzle. Der Anfang ging noch gut voran, beim Kragen war ich dann aber kurz davor, einfach beim H&M einen Kleinkind-Jungen-Anzug zu kaufen. Es fehlte halt einfach die Hälfte der Erklärung. Welche Teile muss ich wie weit und in welcher Reihenfolge genau zusammennähen? Irgendwann beschloss ich, die Anleitung einfach zur Seite zu legen und meinen Kopf anzuschalten. Ich hatte ja schließlich ein Foto der Jacke und wusste, wie es mal aussehen soll. Und ganz der Kochweisheit meiner Mutter „Wenn du weißt wie es schmecken soll, weißt du auch, was rein muss“ überlegte ich mir, wie es dann mal werden soll und plante selbst, wie ich es dann zusammennähen muss. Das ging dann überraschend gut. Endlich war das Schlimmste geschafft.
Der Rest ging dann gut von der Hand. Gut, die Ärmel mit dem Futter zu verbinden war dann wieder ein Kampf, da es natürlich auch gar nicht erklärt war wie man diese zusammen bekommt, aber ich kenne das Prozedere ja zum Glück von meiner Lieblingslatzhose. Als sie dann so zusammengenäht da lag (ohne Schrägbandeinfassung) verlies mich die Lust. Ich hatte mir zwar extra ein Set voller Nähmaschinenfüße gekauft um mir Arbeit zu sparen und alles in einem Schwung zu nähen aber beim ersten Versuch war ich mit dem Ergebnis nicht voll zufrieden. Und so lag sie dann.
Ich hatte von Anfang an so viel Stoff gekauft, dass er im Idealfall noch für eine Hose reichen sollte. Und so schaute ich inzwischen nach einem passenden Schnitt für eine Shorts. Das war schwieriger als gedacht, denn die meisten Freebooks, die man so findet sind Schnitte mit Bündchenware. Ich wollte aber eine, die etwas klassischer aussieht und so zur Uniform passt. Fündig wurde ich dann bei made for motti mit einem wirklich schönen und sehr gut abänderbaren Schnitt. Die Einteilung in Umfang und Längen statt reinen Kleidergrößen gefällt mir super. Ein kranker Tag zu Hause auf der Couch bei einer Menge Trash-TV im Hintergrund reichte dann aus um alles zuzuschneiden und zu nähen. Ok, eine Taschenklappe landete verkehrt herum drauf, aber auch das ist inzwischen behoben. Ich entschied mich, den klassischen Look etwas kindlicher zu machen und den Futterstoff in den Taschen sichtbar zu machen. So ist es zwar etwas weniger eine Uniform, gefällt mir aber besser, wenn wir die Hose dann im Sommer weiter tragen wollen. Die Optik mit den abgesteppten Kanten und Nähten gefiel mir so gut, dass ich anschließend (zu meiner eigenen Genugtuung) beschloss, das Schrägband an der Jacke ganz weg zu lassen und auch hier die Kanten nur abzusteppen. Ich habe zwar schon mal sauberer genäht, aber mit dem Ergebnis bin ich trotzdem ganz zufrieden. Dem kritischen Betrachter wird möglicherweise auffallen, dass die Taschen auf unterschiedlichen Höhen sitzen (ich hatte es doch eigentlich genau ausgemessen?!?) aber dann muss das einfach so sein – Kreativität und so. Die Hose ist und bleibt auf jeden Fall mein Favorit.
Da es mit Jacke in der Kita doch ziemlich warm würde (Krümel meckert schon bei 10 Sekunden Anprobe, dass es ihr zu warm ist), gab es dann doch noch einen Besuch im H&M: Ein weißes Hemd durfte es sein. Wie gut, dass schon kleine Jungs wie Börsenmakler aussehen dürfen. Wo bleibt der Hosenanzug für die Mädels? Aber das ist ein anderes Thema. Die übrigen DB-Aufnäher und der 2. Namensaufnäher sind jetzt also am Hemd und machen die Uniform so auch Indoor-tauglich.
Parallel zum Nähen habe ich mit der zukünftigen Schaffnerin fleißig gebastelt. Herausgekommen ist eine Schaffnerkelle aus Holz. Bei der Modellbahnmesse letztes Wochenende gab es dann noch die passenden Fahrscheine – wie praktisch. Und eine passende Lochzange wird auch in der Jackentasche landen. Die ist nur etwas schwer zu bedienen für kleine Kinderhände. Auf eine Trillerpfeife haben wir zugunsten der Erzieher-Ohren verzichtet. Ok, es ist mir auch nicht gelungen in der gesamten Großstadt eine aufzutreiben – ohne Scherz.
Jetzt bin ich gespannt, wie viele Elsas und Annas morgen in ihren Zug einsteigen dürfen. Bevor ich mir allerdings nochmal einen Burda-Schnitt kaufe werde ich 3 mal prüfen, ob ich nicht noch irgendwo etwas Ähnliches finde. Das hält mein Frustpotential nicht noch einmal aus.